Früher war es ganz normal, dass man selbst während der Arbeit hin und wieder ein Bier getrunken hat. Heute ist das in den meisten Firmen längst Tabu. Nicht in jedem Unternehmen gibt es dazu verbandliche Regeln. Besonders bei gefährlichen Tätigkeiten ist es jedoch üblich, dass die Betriebsvereinbarung oder ähnliche innerbetriebliche Regelungen explizit den Konsum von Alkohol vor und während der Arbeit verbieten. Wenn ein Arbeitnehmer stark angetrunken ist, merkt man das sehr schnell. Dass ein Mitarbeiter in der Mittagspause ein Glas Wein getrunken hat, ist dagegen nicht auf den ersten Blick festzustellen. Da drängt sich die Frage auf, ob ein Arbeitgeber eine Alkoholkontrolle am Arbeitsplatz verlangen und durchführen darf. Zu dieser Frage ist diese Woche ein Urteil des Obersten Gerichtshofs (OGH) ergangen, dass wir Ihnen erläutern möchten.
In einem Eisenbahnunternehmen galt für alle Mitarbeiter ein generelles Alkoholverbot. Bei alljenen Beschäftigten, die im Bahnverkehr tätig sind, ist das nachvollziehbar. Die Unternehmensführung wollte jedoch eine Ungleichbehandlung mit Verwaltungsangestellten vermeiden, weshalb das Verbot für alle Beschäftigten gilt.
Im vergangenen Jahr bemühte sich das Unternehmen, mit dem Betriebsrat die Einführung von Alkoholkontrollen am Arbeitsplatz zu vereinbaren. Der Betriebsrat lehnte diese Massnahme jedoch strickt ab. Dennoch führte das Unternehmen unangekündigte Kontrollen mit Alkomaten ein. Diese Kontrollen wurden ohne Verdacht bei Mitarbeitern in allen Unternehmensbereichen stichprobenartig durchgeführt.
Der Betriebsrat sah darin einen unzulässigen Eingriff in die Privatsphäre der Mitarbeiter und beantragte eine einstweilige Verfügung, die die Durchführung dieser Kontrollen untersagen sollte. Die klagende Partei (der Betriebsrat) vertrat den Standpunkt, dass Atemluftkontrollen, die ohne jegliche Verdachtsmomente wie Geruch oder andere Auffälligkeiten durchgeführt werden, gegen die Menschenwürde verstossen.
Dagegen erwiderte die Beklagte, dass das Alkoholverbot für im Bereich des Bahnbetriebs bereits aus dem Gesetz hervorgeht. Die Ausdehnung auf Mitarbeiter in der Verwaltung erfolge im Sinne der Gleichbehandlung. Die Kontrollmaßnahmen würden die Menschenwürde der Mitarbeiter nicht tangieren, sodass der Betriebsrat den Kontrollen nicht zustimmen müsse.
Das Erstgericht entschied zugunsten des Arbeitgebers und wies den Antrag als unbegründet zurück.
Das Eisenbahnunternehmen legte dagegen einen Rekurs ein. Das Berufungsgericht schloss sich der Meinung des Erstgerichtes an. Die Interessen des Arbeitgebers würden gegenüber dem Recht der Mitarbeiter auf Privatsphäre überwiegen. Daher seien ungekündigte Alkoholkontrollen zulässig. Gegen diese Entscheidung legten die Mitarbeiter Rekurs ein. Das Berufungsgericht bestätigte jedoch die Auffassung des Erstgerichts.
Der Betriebsrat entschloss sich, die Sache an den OGH zu tragen. Der für Arbeitsrecht zuständige Senat kam zu der Auffassung, dass ohne Verdacht durchgeführte Atemluftkontrollen sehr wohl die Privatsphäre und die Menschenwürde der Belegschaft beeinträchtigen würden. Ein solcher Eingriff sei im Arbeitsrecht zwar zulässig, allerdings nur wenn der Betriebsrat zustimmt. Da dieser im vorliegenden Fall strickt gegen den Eingriff war, ist eine Alkoholkontrolle am Arbeitsplatz nicht zulässig. Die von den Vorinstanzen durchgeführte Interessenabwägung braucht gar nicht geprüft zu w