In deutschen Medien wurde in letzter Zeit über die Praxis bei Chefarztleistungen diskutiert. Viele Patienten mit einer Zusatzversicherung, die Ihnen die Behandlung durch den Chefarzt ermöglichen sollten, wurden nicht durch diesen, sondern durch einen “ständigen Vertreter” behandelt. In Österreich sind derartige Zusatzversicherungen zwar nicht so verbreitet, dennoch interessiert uns, wie das hierzulande geregelt ist.
Betrachten wir diese Rechtsfrage anhand eines aktuellen Beispiels. Nach einem Unfall wurde ein Mann in ein Krankenhaus eingeliefert. Bei der Aufnahme erklärte er, dass er vom Chefarzt behandelt werden möchte. Er unterfertigte ein entsprechendes Formular, in dem er der Aufnahme als Sonderklassepatient zustimmte.
Zu dieser Zeit war der Chefarzt auf Urlaub. Er hat den Patienten daher weder untersucht noch seine Behandlung selbst durchgeführt oder überwacht. Trotzdem stellte der Arzt eine entsprechende Honorarnote aus, und forderte deren Bezahlung. Der Mann weigerte sich, diese Rechnung zu begleichen. Es kam zu einem Zivilprozess.
In den Unterinstanzen konnte der Chefarzt mit seiner Klage nicht durchdringen. Beim Obersten Gerichtshof (OGH) blieb ihm der Erfolg ebenfalls versagt. Wie das Gericht feststellte, hat er keine Behandlungsleistungen ausgeführt.
Wenn wir dieses Urteil analysieren, können wir zum Schluss kommen, dass wir in Österreich nicht die Situation wie in Deutschland haben und der Chefarzt verpflichtet ist, die Behandlung selbst durchzuführen und sich nicht vertreten lassen darf. Ganz so kann das Urteil aber nicht verstanden werden. Der OGH hat nicht darüber befunden, ob eine Stellvertretung möglich ist, wenn der Chefarzt die Behandlung überwacht und den behandelnden Arzt anleitet.