In den Massenmedien haben viele wahrscheinlich gelesen, dass der Oberste Gerichtshof (OGH) letzte Woche in einer Entscheidung zum Thema Gesichtsschleier am Arbeitsplatz gefällt hat. Eine Mitarbeiterin in einem Notariat hat sich plötzlich dazu entschlossen, dass Sie nur mehr mit einer Vollverschleierung Ihren Glauben ausleben kann. Von dem Zeitpunkt an, trat Sie Ihre Arbeit nur noch mit einem Gesichtsschleier an. Der Arbeitgeber erklärte, dass dies nicht zumutbar sei, und kündigte das Dienstverhältnis.
Die Arbeitnehmerin klagte daraufhin. Sie begehrte die Feststellung, dass die Kündigung rechtswidrig und das Arbeitsverhältnis aufrecht seit. Die Höchstrichter gaben dem Arbeitgeber recht. Sie führten aus, dass es zwar nach § 20 Abs 1 GlBG ein Diskriminierungsverbot am Arbeitsplatz gibt, dass auch religiöse Kleidung umfasst, allerdings gibt es hierfür Ausnahmen.
Eine sollche Ausnahme liegt hier vor, denn es sei in Österreich eine Grundregel der Kommunikation sein Gesicht unverhüllt zu zeigen. Der Gesichtsschleier würde die Interaktion mit Kunden und Arbeitskollegen beinträchtigen. Daher liegt in diesem Fall keine Diskriminierung vor.
Was bedeutet das für das Kopftuchverbot am Arbeitsplatz?
Der OGH hat sich in seinem Urteil nur auf den konkreten Sachverhalt beschränkt. Das ist richtig, denn die Beantwortung von darüber hinausgehenden Rechtsfragen wäre ein unzulässiges Obiter Dictum. Für uns ist natürlich Schade, dass wir keine abschliessende Antwort auf diese Frage haben, aber es bleibt uns unbenommen, das Urteil zu interpretieren.
Klar und eindeutig sagt das Urteil, dass religiöse Kleidung vom Diskriminierungsschutz erfasst ist. Es ist also so, dass ein Arbeitgeber nicht plötzlich und grundlos seinen Mitarbeiterinnen das Tragen eines Kopftuchs am Arbeitsplatz verbieten darf.
Andererseits ist es in Österreich ebenso anerkannte Grundregel, dass man in geschlossenen Räumen keine Kopfbedeckung trägt. Wenn also der Arbeitgeber ein grundsätzliches Verbot der Tragen von jeglicher Kopfbedeckung für alle Mitarbeiter ausspricht, sollte das aus meiner sich auch möglich sein.
Ein weiterer Aspekt, den man dem Urteil entnehmen kann, ist, dass Ausnahmen vom Diskriminierungsverbot möglich sind, wenn die religiöse Kleidung Abläufe am Arbeitsplatz stört. Nun gibt es sicher Arbeitsfelder, bei denen Klar ist, dass dies nicht der Fall ist. Davon ist wohl auszugehen, wenn die betreffende Mitarbeiterin keinen Kundenkontakt hat.
Bei Arbeitsverhältnissen mit Kundenkontakt würde ich aber auch davon ausgehen, dass der Verzicht auf religiöse Kleidung jeder Art wesentliche und entscheidende berufliche Voraussetzung sein kann. In diesen Fällen könnte ein Kopftuchverbot am Arbeitsplatz zulässig sein.