Tausende Kreditnehmer in ganz Österreich, die Ihre Eigentumswohnung oder Ihr Haus mit einem Kredit finanziert haben, haben seit langem auf eine höchstgerichtliche Entscheidung zu den Negativzinsen gewartet – Nun hat der OGH mit seinem Urteil zu 4 Ob 60/17b erstmals zu dieser Materie klar Stellung bezogen und zugunsten der Kreditnehmer entschieden.

Die Ausgangslage

Früher, vor sehr vielen Jahren bestand das Geschäftsmodell einer Bank darin, das Geld der Sparer für etwas mehr Zinsen auszuleihen. Heute arbeitet so gut wie keine Bank mehr nach diesem Prinzip. Die Kredite, die eine Bank vergibt, werden weiterverkauft – zu fest vereinbarten Konditionen. Vor allem kleine Banken könnten sonst gar keine Kredite mehr vergeben. Sie leihen sich einfach Geld von sehr grossen Banken und geben dann diesen Kredit an den Kunden weiter.

Die Zinssätze, zu denen sich Banken untereinander Geld leihen, sind die sogenannten Referenzzinssätze. Die bekanntesten unter ihnen sind der Euribor und der Libor.

Möchte nun ein Verbraucher einen variablen Kredit, wird ihm die Hausbank diesen gewähren und dabei den Referenzzinssatz plus einen Aufschlag verlangen. Dieser Aufschlag ist das, was die Bank an diesem Kredit verdient. In der Regel sind das 1 bis 2 %.

Wie hoch ist der Euribor?

Euribor ChartVor 10 Jahren hatte der Euribor noch einen Stand von 5 %. Wer damals einen Kredit mit einem Aufschlag von 1,5 % aufgenommen hat, zahlte zu Beginn also 6,5%. 2010 ist der Zinssatz dann auf unter 1 % gefallen und seit dem, mit wenigen Ausnahmen auch geblieben. Seit Ende 2015 ist er sogar unter Null gerutscht.

Aktuell ist der Euribor bei -0,331 %. Das bedeutet, wer einen Kredit mit einem Aufschlag von 1,5 % hat, müsste nur 1,169 % Zinsen zahlen. Viele Banken vertraten die Auffassung, dass man Negativzinsen nicht an die Kunden weitergeben müsse, und verlangten stattdessen den Aufschlag von 0, in diesem Fall also 1,5 %. Bei einem Wohnbaukredit mit mehreren Hunderttausend Euro macht dieser kleine Unterschied doch eine beträchtliche Summe aus.

Was hat der OGH entschieden?

Der Oberste Gerichtshof hat entscheiden, dass es nicht zulässig ist, dass eine Bank, die Kredite mit variablen Zinsen anbietet und es nach oben keine Deckelung gibt, auch nach unten keine Deckelung vorsehen darf. Dies würde die Kreditnehmer ungerecht benachteiligen und ist deshalb unzulässig.

Bekommt man für einen Kredit Negativzinsen ausgezahlt?

Das Höchstgericht stellt aber klar, dass die Banken nicht verpflichtet sind, Negativzinsen an die Kunden auszuschütten. Sinkt der Referenzzinssatz also unter den Aufschlag, so müssen die betroffenen Kunden im bestenfalls gar keine Zinsen zahlen. Geld ausgezahlt gibt es also nicht.

Welche Auswirkungen hat dieses Urteil auf die Kunden?

Das Urteil betrifft zwar direkt nur die beteiligte Bank, dies ist die Hypo Tirol, doch wissen alle anderen Banken, dass die Rechtslage nun klar ist und die Gerichte auch für Ihre Kunden so entscheiden würden. Nicht alle Banken haben aber die Negativzinsen nicht weitergegeben. Alle Banken, die es nicht getan haben und den Aufschlag ab Null berechnet haben, sind verpflichtet den Kunden die angefallenen Zinsen seit 2015, als der Euribor unter Null gefallen ist, zurückzuzahlen.

Müssen die Banken die Zinsen von selbst zurückzahlen?

Nein. Es ist zwar davon auszugehen, dass manche Banken nun proaktiv auf Ihre Kunden zugehen, verpflichtet sind sie dazu aber nicht. Wer einen variablen Kredit hat, sollte daher unbedingt die Kontoauszüge der letzten Jahre prüfen und seine Bank kontaktieren.

Von Gregor

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