Wenn ein Flug von der Airline storniert wird, haben Passagiere einen Anspruch auf Rückerstattung der Ticketpreise. Es ist zwar richtig, dass die Fluggesellschaft bei höherer Gewalt meistens keine Entschädigungsbeträge zahlen müssen. Dazu gehört beispielsweise, wenn der Flug aufgrund des Wetters nicht stattfinden kann. Auch Streiks fallen nach Ansicht vieler Airlines unter höhere Gewallt. Das hat der EuGH kürzlich (EuGH C-613/20) klargestellt, dass zumindest beim Streik des eigenen Personals nicht der Fall ist.
Den Anspruch auf Rückerstattung des Ticketpreises hat man als Passagier aber auch in Fällen höherer Gewalt. Die Abwicklung ist in der Praxis, nicht erst in den letzten zwei Jahren, nicht immer ganz einfach. In den Buchungsbedingungen vieler Airlines ist eine Klausel enthalten, dass die Rückerstattung nur an denjenigen erfolgen kann, der das Ticket bezahlt hat.
Wenn ein Passagier das Ticket nicht direkt auf der Webseite der Fluggesellschaft gekauft hat, sondern in einem Reisebüro oder einer Online-Buchungsplattform, dann haben die Airlines die Rückerstattung direkt an den Passagier bis jetzt abgelehnt und an die jeweilige Plattform verwiesen.
Viele dieser Plattformen haben aber nicht gerade den besten Kundensupport. Klar, denn Callcenter sind teuer und wenn man bei Preisvergleichsportalen immer an erster Stelle sein will, müssen die internen Kosten so gering wie möglich gehalten werden. In manchen fällen wird für eine Stornierung eine Bearbeitungsgebühr verlangt, die den Ticketpreis und damit den Rückerstattungsbetrag übersteigen. Wenn Passagiere dann eine Rückerstattung fordern, lange genug in den Warteschleifen der Callcenter ausharren, alle Formulare einsenden, warten sie trotzdem oft monatelang auf die Rückerstattung – oder sie wird aus fadenscheinigen Gründen verweigert.
Verständlich, dass sich verzweifelte Passagiere dann direkt an die Airline wenden wollen. Schliesslich hat diese das Geld ja erhalten. Das OLG Wien stärkte nun deren Rechte. Aufgrund einer Klage des Vereins für Konsumenteninformation (VKI) erklärte das Oberlandesgericht die Klausel, wonach die direkte Rückzahlung ausgeschlossen sei, für rechtswiedrig.
Aktuelles Urteil zu Passagierrechten.
Der VKI verlangte in einer sogenannten Verbandsklage, die Erstattungsbeschränkungsklausel in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen der AUA aufzuheben. Begründet wurde diese mit den Fluggastrechten in der Europäischen Fluggastrechteverordnung. Das Landesgericht Wien gab der Klage zwar statt, begründete dies jedoch mit rein zivilrechtlichen Überlegungen.
Als Rechtsgrundlage für ihre Entscheidung, nannten die Richter §6 Abs. 3 KSschG. Demnach sind Geschäftsbedingungen unwirksam, wenn sie unklar oder unverständliche abgefasst sind.
Dies sei bei der Klausel, die die Auszahlung des Ticketpreises nur an das Reisebüro vorsieht, darunter zu subsumieren. Denn in diesem Fall sei es so, dass die Vertragsklausel nicht explizit bestimmt und für den Kunden erkennbar, wer dieser Vermittler ist.
Dazu kommt, dass nicht gesagt ist, dass der Passagier gegenüber dem Reisebüro auch tatsächlich einen Anspruch auf Rückzahlung hat. Daher sei diese Klausel auch gröblich benachteiligend im Sinne des KSchG.
Dagegen erhoben sowohl die AUA als auch der VKI Berufung. Das OLG Wien bestätigte nun (OLG Wien 5 R 96/21f) im Wesentlichen die Rechtsauffassung des Erstgerichts. Das Urteil ist rechtskräftig.
Was bedeutet das in der Praxis?
Lieder hat die Vergangenheit gezeigt, dass derartige Entscheidungen in der Praxis zunächst nicht viel ändern. Es ist wohl davon auszugehen, dass viele Airlines weiterhin die Passagiere zuerst an die Reisebüros oder Vermittler verweisen werden. Schlicht und einfach um nicht die eigenen Callcenter drastisch aufstocken zu müssen. Manche Airlines werden sicher versuchen, die Klausel zu umzuformulieren, damit das einen neuen rechtlichen Boden erhält. Vielen Passagieren wird es dann sicher zu mühsam und zu riskant sein, wegen einem zweistelligen Betrag eine Klage einzubringen.
Empfehlenswert ist daher sicher, Flugtickets direkt bei der jeweiligen Fluggesellschaft zu kaufen. Dann ist der Weg bei Umbuchungen oder Stornierungen klar und es besteht nicht die Gefahr, hin und her geschoben zu werden.